Dreierlei Mülheim


Eisige Kälte, Nebel, dazu Macken an Mund und Nase und ein Brummschädel und mir fiel die Decke auf den Kopf. Also was tun? Bücherschränke abklappern.

Stegerwaldsiedlung
Gehört die jetzt zu Mülheim, Deutz, Buchforst oder ist sie gar ein eigener Stadtteil? Klar ist, dass das Veedel zum Stadtbezirk Mülheim gehört.
Die 1951 bis 1956 erbaute Stegerwaldsiedlung war das erste große geschlossene Bauvorhaben der DEWOG, und ist die frühste Großsiedlung Kölns nach dem Zweiten Weltkrieg. Benannt ist sie nach Adam Stegerwald. Seit 1993 steht sie unter Millieuschutz.

Von der Haltestelle aus geht es erstmal bunt nach oben

Als Teilnehmerin des EU-Projektes „GrowSmarter“ wurden in der Stegerwaldsiedlung nachhaltige und intelligente Lösungen für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung erprobt. Dabei wurde Wärmedämmung an 16 Mehrfamilienhäusern angebracht. Gebäude wurden für zusätzlichen Wohnraum aufgestockt und die Dächer mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Außerdem bekamen die Häuser moderne Stromspeicheranlagen. 

Der Schrank steht allerdings in dem Teil, in dem sich nichts verändert hat. Ich fand die Wohnblocks immer ein bisschen langweilig, aber vielleicht ändert sich das ja noch. Für eine genauere Betrachtung war es noch viel zu kalt und zu neblig.

Schanzenstraße und Bürgerpark
Am nächsten Tag schien dann die Sonne und mir ging es auch besser.
Zwischen der Bahnlinie 4 und der Schanzenstraße schleppt sich seit geraumer Zeit ein Großbauprojekt der Stadtentwicklung dahin. Büros und Gewerbeflächen, sollten auf der riesigen ehemaligen Industriebrache entstehen. Warum keine Wohnungen?

Da ist noch viel Luft nach oben.

Jedenfalls braucht, seit nach Covid das Home-Office gesellschaftsfähig geworden ist, niemand mehr so viele Büroräume. Und seitdem liegt die Brache brach. In einer Stadt, in der „Wohnraummangel“ als Dauerargument für die Betonisierung der Landschaft genutzt wird.

Coqu au vin

Mitten im Nichts kann man gut essen. Die Zielgruppe ist eindeutig: Bezahlt wird ausschließlich mit Karte, das Klo ist unisex und für die Waschgelegenheit, braucht man eine Gebrauchsanweisung: In der Mitte der Stäbe kommt Wasser, an den Außenseiten warme Luft. Das war der Serviceteil . Den IQ-Test an der Wassersäule habe ich bestanden, unisex und Karte macht mir nichts aus, also darf ich mich wohl zur Zielgruppe zählen.

Auf der Suche nach dem Schrank finde ich alte Industriegebäude, neben modernen Büroklötzen, einigen hässlichen Hallen und leeren Grundstücken. Was ich nicht finde, ist der Schrank.

Auf der anderen Seite der Bahnlinie dann Kontrastprogramm mit älteren Häusern, einem nicht vorhandenen Wanderweg, einem Kulturbunker und dem Bürgerpark mit dem Bürgerzentrum MüZe. Hier wartet dann auch Schrank Nr 2 auf mich, den ich schon kannte, der aber noch sein Passfoto braucht.

Wieder zu Hause klärt sich das denn auch mit dem verlorenen Schrank: Die Stiftung Eselsohr hat den in der Schanzenstraße ohne Hausnummer verortet, Tatsächlich finde ich ihn mit Hilfe der GPS-Daten am Carlsplatz im Carlswerk.

Gefallener Engel in der Keupstraße

Carlswerk
Hier wurden einmal Kabel hergestellt. Unter anderem das erste Telefonkabel, das Europa mit Amerika verband. Das ganze Carlswekt hat tatsächlich noch die Addresse Schanzenstraße. Heute befinden sich auf der riesigen Fläche, unterschiedliche Firmen sowie Kultur und Freizeitstätten. Darunter das E-Werk und das ausgelagerte Schaupielhaus, aber auch keine Wohnungen.

Im Uhrzeigersinn: Carlsgarten, Schrank am Carlspark, ehemalige Aluhalle.

Den Schrank finde ich, indem ich im Regen der Beschilderung zum Schauspielhaus folge. Dem Schauspielhaus vorgelagert ist der Carlsgarten, ein Bürgergarten in dem die Mitglieder ihr eigenes Gemüse züchten können. Und gleich dahinter kommt dann der Carlsplatz, der auch eine kleine Grünfläche bildet. Ansonsten fehlt es an Grün. Dafür stehen kreuz und quer geparkte Autos auf ehemaligem Kopfsteinpflaster mit eingelassenen Schienen im Weg rum und so was wie Bürgersteige gibt es nicht. Das Gelände ist sicher interessanter, wenn es nicht schüttet und im E-Werk war ich zuletzt 1992 zum Tanzen. Im Schauspielhaus war ich allerdings öfter mal, nachdem ich wieder hergezogen bin. Dürfte meinetwegen auch da bleiben.