Lockdown 2, Tag 20


Wetter: fies kalt

Morgens: Beim Wäsche auf- und abhängen erfrorene Zehen geholt, beim Laubhaufenschaufeln erfrorene Finger. Ein Hörnchen rennt mit einer Riesenportion Hanf über die Pergola. Ich frage mich, wie es überhaupt noch etwas sehen kann. Aber Hörnchen gucken ja mehr rundum, als dreidimensional geradeaus.


Mir hingegen beschlägt jedes Mal die Gleitsichtbrille, wenn ich die Maske aufsetze. Im Schlimmsten Fall wird der Lesebereich abgedeckt, so dass ich nicht mal mehr lesen kann.

Mittags: Essen kam vom Inder meines Vertrauens.

Eine Ära geht zu Ende:
Schlussausschüttung von Clara dem Nashorn: 12,50€. „Nashorn Clara und die Herzöge von Schwerin“ Ist ein Film, den ich 2012 für arte geschnitten habe. Dazu hatte ich in meinem Wohnzimmer einen Schnittplatz aufgebaut. Es war eine interessante Erfahrung. Wieder mal etwas, dass ich mir vorher nicht vorstellen konnte. Schnittplatz im Homeoffice.
Schnell stellte sich heraus, dass ich mich da ganz anders organisiert habe als im Studio.
Im Studio fängst Du morgens an und arbeitest dann 10 Stunden. Zwischendurch machst Du vielleicht mal Mittagspause. Ich habe aber auch schon junge Männer 12 Stunden durcharbeiten sehen, mit nichts als ab und zu ein Brötchen auf der Faust.
Zu Hause habe ich das gleiche Pensum in ungefähr 4 Blöcken a 2 Stunden, also 8 Stunden pro Tag geschafft. Fing morgens damit an, dass ich mit dem ersten Kaffe schon mal das getan habe, was eine Cutterin tun muss: Sichten und Rohschnitt, ungefähr so, wie ich jetzt beim ersten Kaffee blogge, etwa von 8.00 bis 10.00. (Duschen, Frühstück, Hausarbeit) Gegen 11 kam die gut sortierte Autorin Mirja Kaiser dazu. Die hat sich dann angeschaut, was ich ohne sie so getrieben habe, es gab eine Besprechung, wie es denn weiter geht, wir haben Musiken ausgesucht und O-Töne für den nächsten Abschnitt und weiter geschnitten. Gegen 13.00 sind wir beide raus gegangen, was essen.
Danach ging es noch zwei Stunden so weiter. Gegen 16.00 ging die Mirja wieder und danach konnte ich in Ruhe das tun, was eine Cutterin tun muss: Musikschnitt, Feinschnitt, Nachvertonen, O-Töne eindampfen (das Äääh muss weg). Und hier lag vermutlich auch der Grund dafür, dass es schneller ging als im Studio. Selbst die bestsortiertesten AutorInnen können sich nur bedingt allein beschäftigen, während die Cutterin an den Tönen rumfitzelt, O-Töne trimmt oder Tricks einrichtet. Die möchten ihre Arbeitszeit ja auch sinnvoll füllen und das tun sie, z.B. indem sie telefonieren. Musikschnitt und Telefon passt nicht wirklich zusammen, jedenfalls bei mir nicht.

Nachmittags: Tatsächlich kam für ein paar Minuten die Sonne raus. Ich habe das Bisschen Sonne genutzt und bin mal um den Block gegangen. Als ich zurück kam, war es dann auch schon wieder trüb.

Abends: Kultur: Konzert von Peter Gabriel Ich habe das gleiche Konzert life damals in Hamburg gesehen.

2 Kommentare

  1. Fehlt Dir die Arbeit als Cutterin? Immer wenn ich bei Dir davon lese, habe ich das Gefühl das es die sehr viel Spass….ist vielleicht nicht das richtige Wort….aber Freude gemacht hat?

    Ein eindeutigen Ja – aber.
    Ja: Es hat sehr viel Freude gemacht, es war mein Traumjob. Perfekt! Wie für mich erfunden. Ich habe schon mit 14 mit einer Super 8 Kamera gedreht und der „Schnitt“ nach der Entwicklung, hat fast noch mehr Spaß gemacht als der Dreh. Das war übrigens das Argument, mit dem ich mir damals den Job beim NDR eingefangen habe. Es wurde in jedem Fall nie zur Routine: Jeder Jeck Film ist anders. Ständig neue Themen auf die man sich einstellen muss, neue Menschen, mit denen man zusammenarbeitet und vor allem die Kombination aus Kunst und Technik, die mir liegt. Das vermisse ich.
    Aber: Mit der Erfindung des „Mediengestalters“ – verkürzte Ausbildung mit Schwerpunkt auf Technik – und dem allgemeinen Praktikantentum wurde vieles anders. Die Jungs, und es waren in der Mehrzahl Jungs, arbeiteten für viel weniger Geld, oft sogar für lau, machten freiwillig unbezahlte Überstunden. Das wurde dann auch von den Cutterinnen, meist Frauen, erwartet. Dem zufolge wurde dann auch immer mehr Arbeit in die Schnittzeit gequetscht. Es gab sogar so Spezis, die meinten, Sichten gehört nicht zur Schnittzeit und müsste nicht bezahlt werden. Es wurden auch im „aktuellen Schnitt“ immer öfter Kompetenzgrenzen überschritten. Da kamen dann Redaktionsvolontärinnen von irgendeinem ebenso gehypten wie überflüssigen Magazinformat, halb so alt wie ich, mit mangelhaftem Rohmaterial und wollten mir jeden Handgriff, den ich machte, vorschreiben. Das vermisse ich nun wirklich nicht.
    Ja, eine schöne Doku könnte mich schon noch reizen, der tägliche Kleinkram aber eher nicht, schon gar nicht die RTL „News“ in der Nachtschicht. Außerdem höre ich nicht mehr gut genug.

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