Wetter: Wird nicht richtig hell
Morgens: Ich liege gerade noch in süßen Träumen von Lanzarote, als die Handwerker klingeln. Sie könnten jetzt nicht streichen, die Wand wäre zu nass. Jetzt haben sie die Wand mit Folie abgedeckt und kommen morgen wieder.
Es ist ein grauer Tag, der ereignislos vorbei zieht. Ich daddel im Internet rum.
Ich wundere mich über Fragen und Behauptungen, ob und mit welcher Ernährung man länger lebt. (Leben Veganer länger? Jaaaa! Nö, kann man noch nicht beweisen) Als ob die Ernährung der einzige Parameter wäre, der bestimmt, wie alt man wird. Bei uns war das noch rauchen, saufen, Drogen, Staublunge, Arbeit mit krebserregenden Substanzen, Auto- und Arbeitsunfälle, sowie Erbkrankheiten, also genetische Disposition.
Was wünschst Du dir? Wird in mehreren Foren gefragt.
Eine Frau wünscht sich , dass ihr Mann vor ihr stirbt und erwartet einen Shitstorm. Sie könne doch nicht einem Menschen den Tod wünschen, hat Sie schon oft gehört. Den bekommt sie aber dieses nicht, denn ihr Mann liegt seit 30 Jahren im Wachkoma und sie lebt mit ihm.
Wann hat das eigentlich angefangen mit diesem Unsterblichkeitswahn? Wir wussten, dass Oma und Opa irgendwann sterben. Viele von uns haben ihre eigenen Großeltern nicht mehr gekannt. die Urgroßeltern sowieso nicht. Es war völlig ausgeschlossen, dass jemand seine Uroma bewusst gekannt hat.
Der neue Unsterblichkeitswahn spiegelt sich auch in der gesamten Berichterstattung um Corona herum: Oma muss leben, auch wenn sie ihre statistische Lebenserwartung weit überschritten hat und seit 20 Jahren dement im Heim vor sich hin dämmert.
Das Highlight des Tages kommt am Abend. Silke, Ingrid und ich probieren ein Webex-Meeting aus, denn wir werden in den nächsten Wochen „Sherlock“ spielen. Nachdem wir alle geschafft haben uns anzumelden und die technischen Feinheiten geklärt haben oder auch nicht, plaudern wir noch ein wenig, bevor die Sitzung ziemlich unvermittelt beendet wird.
„Oma muss leben, auch wenn sie ihre statistische Lebenserwartung weit überschritten hat und seit 20 Jahren dement im Heim vor sich hin dämmert … “
Statistische Lebenserwartung von Frauen ca. 80 a. Plus 20 a macht 100 a. Äh?
Ich kannte meine Uroma noch bewusst, und meine Enkelin kennt die ihre ebenfalls. Hat nix mit Unsterblichkeitswahn zu tun, sondern mit genetischer Disposition der Uromas.
Ich bin fast 62 und gehöre mit 2 Herzinfarkten zu einer Risikogruppe, die die Impfung recht fix bekommen sollen. Soll ich sie ausschlagen, soll sie mir verweigert werden, weil ich statistisch sowieso nur noch 12 a zu erwarten habe? Ist Demenz ein Grund, Menschen nicht zu impfen? Sollen nur noch junge, vitale Menschen geimpft werden, weil sie eine statistisch längere Lebenserwartung haben, weil sie produktiver sind und das BIP weiter steigern?
Ein brisantes Thema.
Es ging dabei nicht ums impfen. Ich weiß ja nicht, wie das in Deinem Bundesland ist, aber hier werden die Risikogruppen zuerst geimpft, weil sie statistisch das höhere Risiko tragen, ernsthaft zu erkranken. Und das finde ich auch richtig. Hier kocht gerade wieder eine Triage-Diskussion hoch. Das war noch nicht so, als ich das geschrieben habe. Soll man da besser würfeln als nach Überlebensfähigkeit auszuwählen und so möglichst viele durchzubringen?
Ich habe meine Uroma nicht mehr bewusst gekannt, aber auch nicht meinen Onkel, der mit 28 an einem Gehirntumor gestorben ist. Sein Sohn hat ihn überhaupt nicht mehr gekannt. Mir fällt in den ganzen Debatten um Covid einfach auf, dass andere mögliche Todesursachen weitgehend ausgeklammert werden und suggeriert wird, die 90 jährige Oma würde ohne Covid-Infektion noch 20 Jahre leben, aber mindestens. Das ist aber nicht so. Es sterben immer noch mehr Leute an Herzinfarkt und Gehirnschlag als an Covid. Einfach sterben, weil man alt ist, darf man schon lange nicht mehr. Meine Oma wurde mit 80 nach dem dritten Herzinfarkt noch reanimiert und durfte dann noch 10 Jahre vor sich hin dämmern. Den Sinn des ganzen hat damals niemand verstanden.
Da meine (mütterliche) Familie recht jung Kinder bekommen hat, kenne ich tatsächlich meine Ur-Großmutter noch. Ich war 12 als sie starb und meine Großeltern starben als ich schon 24 (Opa) und 28 (war) . Die Mutter meines Vaters habe ich wenig gekannt obwohl ich auch schon 16 war als sie starb und den Vater meines Vaters hat er selber nicht gekannt, da er vor seiner Geburt gestorben ist.
Mein Vater starb mit 58, eine Oma mit 75, ein Opa mit 76, die beiden anderen wurden 90. Darum geht es aber nicht. Es geht um das Wissen darum, das Menschen sterblich sind. Dass die Uhr tickt auch für einen selbst, wollen anscheinend viel nicht mehr wissen.