Die Baustelle dröhnt, am Himmel schon wieder gewittrige Wolken – ich werfe mich in einen Zug. In irgendeinen Zug, denn eine der Regeln für Zufallsreisen lautet: Nimm den nächsten Zug und fahre entweder a) an die Endstation, b) so viele Haltestellen wie Du würfelst, oder c) wie es die Fernwehmutter in Mikroabenteuer für Kinder empfiehlt: genau 20 Minuten – für Erwachsene gern auch eine Stunde. Steig dann aus und erkunde die Gegend.
Ich entscheide mich für Endhaltestellle. Der Zug fährt nach Krefeld. Eine der langweiligsten Bahnstrecken, die es von hier aus überhaupt zu fahren gibt. Ich gucke schon mal, was es in Krefeld zu erkunden gibt: „Paramentweberei Gotzes: Haus der Seidenkultur“ klingt doch schon mal gut. Blöderweise ist Montag. Eine der wenigen global gültigen Regeln: Montags haben Museen geschlossen.



Ich gucke mich also erstmal in Krefeld um. Ganz hübsch sind die breiten Grünstreifen in der Straßenmitte, das kulinarische Angebot an Dönerbuden und Burgerläden erschlägt mich. Schließlich fällt mir ein: Krefeld hat einen Zoo. 2020 ist dort in der Silvesternacht das Affenhaus abgebrannt, 30 Tiere kamen dabei ums Leben. Ich fahre also mit der oberirdischen U-Bahn zum Zoo.


Am Eingang wacht der Pavian, auch über die ganze Anlage sind die Steinskulpturen afrikanischer Künstler verteilt. Bei der Kasse bekomme ich eine kleine Münze: Ein Spenden-Euro für den Naturschutz, den ich bei den Trampeltieren einwerfen kann.


An den Fotos habt ihr wahrscheinlich schon erkannt, dass ich die richtige Kamera nicht mitgenommen habe. Das hier ist also eine Montagsmorgenproduktion ohne Plan, ohne Kamera, mit Tippeldings. Nachdem ich die Kamele einmal umrundet habe, finde ich die Spendensäule für verschiedene Projekte. Spontan entscheide ich mich für Gorillas.



Der Krefelder Zoo ist eine kleine, übersichtliche Anlage. Einige Gehege, wie der Pinguinpool, das Tropenhaus und das Vogelhaus sind begehbar. Im Pinguinpool sind die hübschen Inkaseeschwalben mit Humboldpinguinen vergesellschaftet
Gleich nebenan: frei fliegende Schmetterlinge im Schmetterlingshaus und die kleinen Weißgesichts-Sakis im Regenwaldhaus machen sich wohl einen Spaß daraus, Besucher zu erschrecken, indem sie urplötzlich dich an ihnen vorbeispringen.




Auch im Regenwaldhaus ist man auch auf Liebe eingestellt: Ein Schildkröterich versucht einen Stein zu begatten, während der andere Erfolg bei der Dame hat.

Sehr schön ist auch die große, moderne Afrikasavanne mit der Nashornanlage nebenan. Traurig hingegen die beiden Elefanten, die auf viel zu wenig Fläche vor sich hin weben. (Damit ist nicht gesagt, dass sie in diesem Zoo damit angefangen haben, da ich nicht weiß woher sie stammen, und wie sie vorher gelebt haben.)

Eine zeitlang sitze ich im Vogelhaus und schaue den Webervögeln bei ihrem kunstvollen Nestbau zu, der ab und zu in heftiges Liebeswerben umschlägt.


Vorbei am niedlichen Baumkänguruh und den dösenden Capybaras, trete ich schon den Rückweg an. Der Zoo taugt, ebenso wie der Aachener für Familien mit Kindern und für Anwohner mit Jahreskarte.
Doch das dicke Ende kam noch: Ich saß also wieder an meinem Gleis Richtung Köln, auf dem gerade ein Güterzug anhielt und stehen blieb. Plötzlich hörte ich hinter mir eine weibliche Stimme: „Da fahren keine Züge!“ und mehrere Personen verließen den Bahnsteig. Ich guckte nach in der DB-App und sah einen Alternativvorschlag über Düsseldorf nach Köln. Der Zug stand schon auf einem anderen Gleis. Kurzer Sprint und rein. Puh, gerade noch geschafft! Und dann stand er und stand und stand… Motor an, Motor aus, Motor an, Motor aus… Durchsage: „Wegen einer Stellwerkstörung kann dieser Zug nicht nach Düsseldorf fahren, bitte alle aussteigen!“ Es ging also weder Richtung Köln, noch Richtung Düsseldorf weiter.
Bemerkenswert: Am Bahnhof Krefeld selbst gab es keinerlei Hinweise oder Durchsagen: Weder dass der eine Zug nicht fuhr, noch dass der andere Zug nicht fuhr geschweige denn alternative Verbindungen. Wer da kein Smartphone mit diversen Apps mit sich trägt, ist verraten und verkauft. Auf Anraten eines anderen Passagiers schlug ich mich mit der meist oberirdischen U-Bahn nach Düsseldorf durch. Dort meinte ich bei dem schönen Wetter könnte ich ja den Abend in Düsseldorf bei einem Glas Wein ausklingen lassen. Was mir wieder keiner gesagt hatte: Die Altstadt der verbotenen Stadt ist eine deutsche Version des Ballermann. Überfüllt und laut und es gibt sogar eine Kneipe dieses Namens. Nix für mich!
Wein und Häppchen fand ich im Blockhaus am Bahnhof. Dass diese hamburgische Institution jetzt auch in NRW zu finden ist, wusste ich auch noch nicht.
Gestärkt ging ich zum Bahnhof und da fuhr auch nix. Von 80 Minuten Verspätung war die Rede. Sowohl die Bahn-App als auch die KVB-App zeigten hier allein den RE an, der nicht fuhr, nicht aber die S-Bahn, die ja auch zwischen Kölner und Düsseldorfer Flughafen pendelt. Gerade, als ich am Aushangfahrplan stand und versuchte herauszufinden von welchem Bahnsteig diese wohl fahren würde, kam eine Durchsage: „Der RE Richtung Koblenz hält außerplanmäßig an Gleis 4!“ Köln-Deutz liegt an der Strecke nach Koblenz in jedem Fall aber Köln. Kurzer Sprint und rein. Puh, gerade noch geschafft! Und dann schlich dieser Regional-EXPRESS im Schneckentempo dahin, nicht über Deutz, sondern über Dormagen zum Südbahnhof. In Dormagen war ich versucht, auszusteigen und die nächste S-Bahn zu nehmen – zu spät, er schlich schon weiter, bis er, wenige Meter vor dem Südbahnhof noch eine letzte, dramatische Pause einlegte. 40 Minuten Verspätung hat er auf dem kurzen Stück herausgeschunden. Aber als ich unten an der Dasselstraße heraustrat, kam treu und brav meine Linie 9 angezockelt. Und die war dann auch pünktlich.
Fazit: Wenn das mit dem Deutschlandticket funktionieren soll, muss die Bahn noch ein gutes Stück an Pünktlichkeit und Information nachlegen. Vor allem im Großraum Köln-Düsseldorf. Aber wenigstens musste ich mich dieses Mal nicht über verschwendete Zuschlagkarten ärgern.
Ja, das mit der Pünktlichkeit ist ein echtes Problem. Ich hatte ja bei meiner Fahrt nach Wittenberg Lutherstadt auch so meine Probleme. Auf der Hinfahrt geschmolzen meine üppigen 15 Minuten Umsteigezeit auf fünf und zurück hatte mein letzter Zug knapp 30 Minuten Verspätung. Was mich nicht störte da ich ja kein Anschluss benötigt sondern einfach auf mein Fahrrad steigen konnte